Ellie Engel

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Buchvorstellung:


„Och menno! Ich will nicht in den blöden Harz ziehen!“, maulte Lisa hinter ihrer Mutter her, die eifrig die Umzugskartons packte. Stinksauer trat sie gegen einen dieser Kartons, in dem es sofort anfing zu poltern. „Hoffentlich bist du zu Bruch gegangen, blödes Teil da drin.“ Lisa konnte merklich ihre Wut nicht mehr unterdrücken. Es war aber auch so doof, dass man eine Tochter von einem Arzt war, der lieber Kuhmelker und diverse Landeier untersuchte, anstatt in der Stadt seine Praxis zu halten. Lisa fragte sich, seitdem ihre Eltern gesagt haben, dass sie in den Ober-Harz ziehen werden, ob sie wirklich von diesen beiden Menschen abstammte. Sie fing an, sich zu bedauern. Alle ihre Freunde sagten ihr, dass da, wo sie bald wohnen wird, sich der Hase und der Fuchs Gute Nacht sagen! Und Kino und Shoppen könne sie total vergessen. Dafür habe sie die Möglichkeit, Kartoffeln auf dem Acker zu roden. Jaja. Ihre Freunde machten sich über Lisas Zukunft sehr lustig. Und Lisa wurde auf ihre Eltern immer saurer und wünschte diese weit hinter den Mond. „Ich will neue Eltern“, brummte Lisa ärgerlich und verkroch sich hinter ihrem Kleiderschrank, der von ihrer Mutter gerade ausgeräumt wurde. „Das ist nicht so einfach, sich neue Eltern zu besorgen“, schmunzelte ihre Mutter hinter der Kleiderschranktür Lisa zu. „Aber ich kann dich beruhigen. Auch ich wollte bestimmt zwanzigmal neue Eltern haben. Ich bin sogar zum Einwohnermeldeamt gegangen und habe gesagt, dass sie doch mal gucken sollten, ob es nicht Familien gibt, wo ich besser hinpasse als zu meiner!“ „Die haben für dich bestimmt einen Bauernhof gefunden“, brummte Lisa unwirsch vor sich hin. Doch ihre Mutter lächelte kopfschüttelnd und munterte sie auf. „Ach Schatz. Alles ist nur halb so schlimm, wie es sich immer anhört. Du wirst schnell Freunde finden und bald denkst du gar nicht mehr daran, dass du eigentlich nie umziehen wolltest.“ Und ehe sich Lisa versah, wurden die restlichen Kisten, Kartons und Möbel in den großen LKW verstaut und Lisa fuhr mit ihren Eltern Richtung Autobahn hinterher und in die neue Zukunft. Nach dreistündiger Fahrt freuten sich Lisas unternehmungslustige Eltern auf eine kleine Pause, um etwas zu essen. „Wir können ja auf den Hexentanzplatz, uns etwas die Beine vertreten.“ Lisas Mutter zwinkerte ihrem Mann kaum merklich zu. „Das ist eine hervorragende Idee von dir, mein Schatz“, und kniff seiner Frau froh gelaunt in den hinteren Teil ihrer knapp sitzenden Jeans. Jaaa klar. Natürlich läuft dieser spontane Halt auch rein zufällig ab! Für wie bescheuert hielten mich meine Eltern eigentlich, dachte Lisa ungehalten und mit Null-Bock- Stimmung. „Oh, guck doch mal, wie schön das hier ist. Und da Lisa – eine Bobbahn. Wollen wir da mal hinuntersausen?“ Ihr Vater war in seiner Euphorie kaum zu bremsen. Umso mehr ihre Eltern sich ereiferten, das Mädchen zu ermuntern, desto blöder fand sie ihr Vorhaben, eine Pause einzulegen. Sie kochte innerlich förmlich vor Wut und konterte gegen alles, was ihre Eltern ihr vorschlugen. „Ich habe keine Lust, mir den Schwachsinn anzutun. Ich bin kein Kleinkind mehr, das ihr mit geheimnisvollen Sagen erschrecken könnt.“ „Los Lisa. Sei nicht so. Eine Pause auf dem Hexentanzplatz. Hey, das ist was Tolles, Schönes und was Auf- regendes. Hier lebt die Geschichte der Hexen. Hier treffen sich heute noch in der Nacht zum 1. Mai, also in der Walpurgisnacht, alle Hexen der Welt, um Rituale abzuhalten. Der Sage nach sammelten sich sämtliche Hexen hier auf dem Hexentanzplatz, die von hier aus“, Lisas Mutter trampelte leicht mit den Füßen auf, um zu veranschaulichen, auf welchem historischen Berg sie sich befanden, „dieses schroffe, fast senkrecht stehende Felsmassiv, das sich vom Bodetal so eigenwillig abhebt, als Flugplatz rüber zum Blocksberg zu nutzen, um sich dort mit dem Höllenfürsten zu vermählen.“ Ihre Mutter zerrte förmlich an Lisas Jacke und forderte den Dickkopf auf, aus dem Auto zu steigen, indem sie so tat, als sei sie eine böse Hexe. „Uuuuaahhh!“ Lisa ließ sich nicht beeindrucken. „Oh, wie blöd. Hexentanzplatz. Wer hat sich so einen Blödsinn ausgedacht, um kleine Kinder zu erschrecken?!“, tuschelte Lisa sich ins Kinn. Ihre Eltern tauschten vielsagende Blicke untereinander aus und seufzten leicht. „Wird wohl die nächste Zeit nicht so einfach werden mit unserer Frau Tochter.“ Lisas Mutter lächelte nur und zuckte allwissend die Schultern. „Wird schon“, sprach sie ihrem Mann Mut zu, der sich manchmal mit den Ansichten und Gefühlsausbrüchen seiner Tochter etwas schwertat. Etwas bockig sonderte sich Lisa von ihren Eltern beim Spaziergang auf den besagten Hexentanzplatz ab. Sie ging in verschiedene Läden und stellte fest, dass das Thema in den Verkaufsständen eindeutig auf den Mythos Hexen hinweist. In jeder Ecke gab es große und kleine Hexen – aus Stoff, Holz oder Porzellan. Das Antlitz mal gruselig oder freundlich, je nach Belieben. Zudem gab es auch noch den Teufel als Gegenstück. „So ein kitschiger Scheiß auch“, grummelte Lisa genervt. Und fühlte sich erneut darin bestätigt, dass sie hier mit Sicherheit fehl am Platze war. Sie schlenderte nicht unbedingt wissbegierig wie die anderen Touristen umher, sondern eher gelangweilt und angeödet von dem ganzen Hexen- Hokuspokus. Lisa kaufte sich an einem Stand eine Tüte buntes Gummizeug und setzte sich auf eine der herumstehenden Bänke, um das bunte Treiben zu beobachten. Ihr Augenmerk legte sich auf eine Traube von Schülern, die mitten auf dem Platz um eine in Bronze gegossene Hexe standen und sich amüsierten. War ja auch kein Wunder. Einige stellten sich hinter dieses splitterfasernackte Exemplar und machten obszöne Bewegungen und lachten sich halb kaputt. Und andere wiederum hielten diesen lustigen Moment mit der Kamera für die Ewigkeit fest. Lisa verdrehte ihre Augen und wollte innerlich brechen, als sie sah, dass erwachsene Leute über den fetten Hintern der Hexe streichelten und sich ihres Lebens erfreuten. Nachdem sich die Passanten etwas aufgelöst hatten, stolzierte Lisa zu der Bronzehexe. Sie schlurfte um die Hexe herum und fing an sie zu schikanieren und zu beleidigen. „Du bist ganz schön hässlich und einen viel zu dicken Hintern hast du auch! Nee, wie ich sehe, bist du richtig fett. Und schämen solltest du dich, jeden lässt du über deine riesigen ausladenden Pobacken streicheln. Pfui, grün solltest du vor Scham werden! Denn potthässlich bist du ja schon“, brummte Lisa die Statue böse an. In dem Moment funkelten die Augen der Hexe feuerrot und der Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen. Erschrocken stolperte Lisa rückwärts über einen Stein, ohne den Blick von der Hexe zu lassen. „Möchtest du ein bisschen Literatur über den Harz und seine Hexen und mystischen Geschichten haben?“, fragte eine zahnlose alte Frau Lisa mit einem sonderbaren Lächeln und hielt ihr eine Broschüre entgegen. „Nee, nee …!“, sagte Lisa erschrocken. Mann, wo kam die denn so schnell um die Ecke? Lisa schüttelte sich die Gänsehaut ab, die ihr in einem kalten Schauer den Rücken runterlief. Sie glättete noch ihre vermutlich vom Schock abstehenden Haare und krabbelte auf dem Hosenboden von der alten Frau weg. Verwirrt und leicht orientierungslos suchte sie ihre Eltern. Es stellte sich als nicht so einfach heraus, jemanden umgehend aus einer umherziehenden und durcheinanderlaufenden Menge zu finden. Panik machte sich kurzfristig in Lisa breit. Sie drehte sich im Kreis, rannte auf Menschen zu, die ihren Eltern zum Verwechseln ähnlich sahen, um sich gleich zu entschuldigen, als sie nach ihnen griff und dann feststellte, dass es gar nicht ihre Mutter oder ihr Vater war. Als sie gerade Haare raufend aufgeben wollte, erblickte sie ihre Eltern an einem Souvenirlädchen, vor dem sie gruselige Hexen- und Teufelsmasken anprobierten. Natürlich, wie soll es auch anders sein … verhielten sie sich wie kleine Kinder dabei! Schnell lief sie zu ihren Eltern, um denen von der bronzenen Hexe und deren feuerroten Augen zu erzählen. „Die denken doch, dass ich genauso herumspinne wie sie selber.“ Lisa war verunsichert. Sie drehte sich noch einmal um, um sich zu vergewissern, dass auch wirklich keiner hinter ihr her war. Komisch. Keine Alte war mehr in der Nähe, die der von eben irgendwie auch nur ähnlich sah. So prompt, wie sie mit einem Mal neben Lisa stand, so blitzschnell hatte sie sich wohl auch in Luft aufgelöst oder ist im Getümmel der Menschen untergetaucht. Lisa stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um besser über die Köpfe der Passanten sehen zu können. Doch von dem grottigen Kopftuch der Alten blitzte nichts durch die Besucher vom Hexentanzplatz hervor. Was war das denn gerade für’n Ding? Von Weitem sah Lisa, dass die gespenstisch wirkenden Augen der Hexe, um die sich Leute anhäuften, um Gruppenfotos mit sich und der Furcht einflößenden Touristenattraktion zu machen, nicht mehr leuchteten. Doch ihr Mund wirkte noch schauderhaft grinsend. War das eine optische Täuschung oder hatte sie dieses hämische Grinsen jeher schon in ihrem Gesicht gehabt? Und ist ihr das nur nicht aufgefallen, weil sie auf andere Details geachtet hatte? Vielleicht schien ja auch die Sonne auf das Metall und ließ die Augen wie Feuer aussehen, erklärte sich Lisa das gerade geschehene und unheimliche Schauspiel. So wird es wohl gewesen sein. Ihren Eltern wird sie nichts davon sagen. Die würden eh denken, dass der Umzug sie mehr mitgenommen hat, als erwartet. Und ihr Vater würde ihr Baldriantee verschreiben, der bitter wie Galle schmeckte. Scheußlicher Gedanke. Lisa schüttelte sich innerlich und wollte es zu ihrem ersten Geheimnis in ihrem neuen Zuhause machen. Sie war heilfroh, als ihre Eltern genug von dem ganzen Spektakel auf dem komischen Hexenplatz hatten und schnurstracks mit Lisa Richtung Auto marschierten. Nachdem der Wagen sich langsam in Bewegung setzte, beschlich Lisa ein Kribbeln im Nacken. Das eigenartige Gefühl forderte sie auf, sich umzudrehen und aus der Heckscheibe nochmals einen Blick zu riskieren. Ihre Augen suchten erneut vergeblich dieses grässliche Kopftuch von der Alten.

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"Lisa und das magische Hexeneinmaleins"

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